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Brief für Steuerpflichtige im Privatbereich des Monats März 2011


Sehr geehrte Damen und Herren,


der Ihnen nun vorliegende Brief möchte Sie über wesentliche, vollzogene oder geplante Änderungen im Steuer- und Wirtschaftsrecht der letzten Monate informieren und Ihnen Anlass bieten, auch bestehende Sachverhalte zu überprüfen.

Bitte lesen Sie im Einzelnen:


Inhalt

1.

Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen

2.

Weiternutzung des Dienstwagens bei Arbeitsunfähigkeit?

3.

Gewerbesteuerpflicht für Insolvenzanwälte fällt

4.

Weniger Urlaub für jüngere Arbeitnehmer ist diskriminierend

5.

ebay-Verkäufern droht die Umsatzsteuer

6.

Rückwirkende Besteuerung von Erstattungszinsen ist verfassungsgemäß

7.

Portfolioverwaltung - EuGH entscheidet über Steuerbefreiung

8.

Schadensersatz: Verjährungsbeginn bei fehlerhaftem Einspruch des Steuerberaters

9.

Ausbildungsfreibetrag ist verfassungsgemäß

10.

Schenkungsteuer bei Verzicht auf Wohnungsrecht

11.

Rückzahlung von Weiterbildungskosten

12.

Abschaffung der Arbeitslosenhilfe ist verfassungsgemäß

13.

Erweiterter Informationsaustausch zwischen Deutschland und Österreich

14.

Zahlung festgesetzter ausländischer Schenkungsteuer als rückwirkendes Ereignis

15.

Anrechnung von Kapitalertragsteuer auf Fondserträge

16.

Missbrauch von Bonuspunkten rechtfertigt keine Kündigung

17.

Zusammenveranlagung von Ehegatten in der Insolvenz

18.

Teilzeitbeschäftigte müssen nicht zwingend nachmittags arbeiten

19.

Zum Wegfall eines Vergütungsanspruchs bei "Kartenlegen"

20.

Bezeichnung des Arbeitgebers als Nazi rechtfertigt fristlose Kündigung

21.

Heimkosten auch ohne Pflegestufe oder Merkzeichen "H" abziehbar?

22.

Kein Besteuerungsrecht für Sondervergütungen an ausländische Gesellschafter

23.

Nachweispflicht für nicht der deutschen Steuer unterliegende Einkünfte

24.

Restschuldbefreiung trotz verletzter Auskunftspflicht






1. Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen

Rechtslage
 Wird Vermögen auf die nächste Generation, insbesondere im Wege der vorweggenommenen Erbfolge, übergeben, werden häufig Versorgungsleistungen vereinbart, zu denen sich der Erwerber verpflichtet. Häufige Versorgungsleistungen sind monatliche Zahlungen, Versorgung und Pflege oder die Überlassung von Wohnraum; es sind also Kombinationen von Bar- und Sachleistungen denkbar. Der Erwerber kann die übernommenen Gegenleistungen (auch den Wert der Sachleistungen) jedenfalls dann als Sonderausgaben ertragsteuerlich geltend machen, wenn der Übergabevertrag auch tatsächlich gelebt wird. Zu den Konsequenzen einer nicht ordnungsgemäßen Vertragsdurchführung hatte kürzlich der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden.

Sachverhalt
 Dem Kläger wurde von seinen Eltern ein Unternehmen übertragen. Als Gegenleistung waren die Zahlung eines baren Taschengeldes sowie die Überlassung von Wohnraum und Pflegeleistungen vereinbart. In der Folgezeit wurde seitens des Klägers das Taschengeld über Jahre hinweg nicht geleistet, ohne dass hierfür ein wirtschaftlicher Grund geltend gemacht werden konnte. Als die Versorgungsleistungen insgesamt neu geordnet wurden, versagte das beklagte Finanzamt dem Kläger den Sonderausgabenabzug mit der Begründung, dass die Zahlungsunterbrechung willkürlich erfolgt und damit der Übergabevertrag nicht ordnungsgemäß vollzogen worden sei. Der Kläger unterlag zuletzt vor dem Bundesfinanzhof.

Entscheidung
 Nach Ansicht des BFH können zwar die Parteien eines Übergabevertrages auf geänderte wirtschaftliche Rahmenbedingungen reagieren; liegen diese aber nicht vor, muss der Übergabevertrag ordnungsgemäß erfüllt werden. Dabei bilden Sach- und Barleistungen eine Einheit. Werde eine Komponente nicht erbracht, könne dies nach Meinung der Richter den Schluss zulassen, dass sämtliche Leistungen nicht mehr als Sonderausgaben abziehbar seien. Darüber hinaus könne bei einer vertragswidrigen Durchführung über Jahre hinweg keine nachträgliche Heilung mehr herbeigeführt werden.

Konsequenz
 Die Entscheidung hat zwar einschneidende wirtschaftliche Folgen, ist aber konsequent. Sie zeigt, dass Verträge für ihre steuerliche Anerkennung auch tatsächlich gelebt werden müssen. Um hiervon abweichen zu können, ohne die steuerliche Anerkennung zu gefährden, ist es zwingend erforderlich, die Ausnahmesituation ausreichend zu dokumentieren.

2. Weiternutzung des Dienstwagens bei Arbeitsunfähigkeit?

Einführung
 Führungskräften und Mitarbeitern, die beruflich auf ein Fahrzeug angewiesen sind, wird oft ein Dienstwagen zur Verfügung gestellt, der auch privat genutzt werden darf. Hierbei sind nicht nur steuerrechtliche Vor- und Nachteile zu beachten. Denn die Gebrauchsüberlassung eines Pkw zur privaten Nutzung ist Teil des geschuldeten Arbeitsentgelts.

Sachverhalt
 Der Kläger ist bei der Beklagten als Bauleiter beschäftigt. Der Arbeitgeber stellte ihm arbeitsvertraglich für seine Tätigkeit einen Dienstwagen auch zur privaten Nutzung zur Verfügung. Der Kläger war längere Zeit arbeitsunfähig erkrankt. Nach Ablauf des Entgeltfortzahlungsanspruchs von 6 Wochen gab der Kläger auf Verlangen der Beklagten seinen Dienstwagen zurück. Erst nach Wiederaufnahme der Arbeit überließ der Arbeitgeber dem Kläger wieder einen Pkw zur privaten Nutzung. Der Kläger hat mit seiner Klage erfolglos eine Nutzungsausfallentschädigung gegen seinen Arbeitgeber für den Zeitraum ohne Dienstwagen geltend gemacht.

Entscheidung
 Das Bundesarbeitsgericht führt in seiner Entscheidung aus, dass die Überlassung eines Dienstwagens durch den Arbeitgeber zur privaten Nutzung einen geldwerten Vorteil und Sachbezug darstellt. Der Arbeitnehmer könne nach den Vorschriften des BGB (hier: §§ 275 Abs. 1, 280 Abs. 1 Satz 1, 823 Satz 1 BGB) Nutzungsausfallentschädigung in Höhe der steuerlichen Bewertung der privaten Nutzungsmöglichkeit verlangen, wenn ihm der Arbeitgeber das Fahrzeug vertragswidrig entziehe. Die Gebrauchsüberlassung eines Pkw zur privaten Nutzung sei aber eine zusätzliche Gegenleistung für die geschuldete Arbeitsleistung. Sie sei steuer- und abgabenpflichtiger Teil des geschuldeten Arbeitsentgelts und damit Teil der Arbeitsvergütung. Damit sei sie regelmäßig nur so lange geschuldet, wie der Arbeitgeber überhaupt Arbeitsentgelt schulde. Das sei für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit, für die keine Entgeltfortzahlungspflicht mehr nach bestehe (§ 3 Abs. 1 EFZG), nicht der Fall.

Konsequenz
 Arbeitgeber sollten grundsätzlich mit ihren Mitarbeitern eine Dienstwagenregelung schriftlich abschließen. Gegenstand einer solchen Vereinbarung sollte auch die Möglichkeit eines Widerrufs der Erlaubnis zur privaten Nutzung sein. Hierfür gelten allerdings strenge Anforderungen. Denn ein jederzeitiger Widerruf und ein Widerruf aus wirtschaftlichen Gründen sind unwirksam.

3. Gewerbesteuerpflicht für Insolvenzanwälte fällt

Kernaussage
 Die Insolvenzverwaltung durch einen Rechtsanwalt ist vermögensverwaltende Tätigkeit im Sinne des Einkommensteuergesetzes (§ 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG). Hinsichtlich der Frage der gewerblichen Tätigkeit wird die bisherige Vervielfältigungstheorie aufgegeben, wonach die vermögensverwaltende Tätigkeit gewerbliche Einkünfte begründet, wenn sie die laufende Beschäftigung mehrerer Angestellten erfordert. Entscheidend ist nunmehr die Stempeltheorie, wonach keine gewerbliche Tätigkeit begründet ist, wenn die Partner leitend und eigenverantwortlich tätig sind.

Sachverhalt
 Der Kläger ist Rechtsanwalt und unterhält in mehreren Städten Kanzleien bzw. Zweigstellen. Er wurde von verschiedenen Amtsgerichten mit der Verwaltung von Insolvenzfällen beauftragt. Die Bestellungen zum Insolvenzverwalter lauten alle auf seinen Namen. Die Abwicklung der Verfahren erstreckte sich über mehrere Jahre. Der Kläger beschäftigte 3 Anwälte, einen Ökonomen, mehrere Fachkräfte sowie Hilfskräfte. Das beklagte Finanzamt vertrat unter Berufung auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) die Auffassung, dass es sich bei den Einkünften des Klägers aus der Insolvenzverwaltertätigkeit um gewerbliche Einkünfte handelt.

Entscheidung
 Der BFH hat im Dezember 2010 und Januar 2011 insgesamt 6 Verfahren zu der Frage verhandelt, unter welchen Voraussetzungen Insolvenzanwälte eine gewerbliche Tätigkeit ausüben. Hierbei hat er deutlich gemacht, dass er an seiner bisherigen Rechtsprechung aus dem Jahr 2001 nicht mehr festhalten will. Hintergrund ist, dass die Vermögensverwaltung nicht unter die freien Berufe i. S. d. Einkommensteuergesetzes (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG) fällt und deshalb nicht automatisch von der Pflicht zur Gewerbesteuer befreit ist. Nach der sogenannten Vervielfältigungstheorie unterlag eine vermögensverwaltende Tätigkeit dieser Steuer, wenn sie die laufende Beschäftigung mehrerer Angestellter erforderte. Nunmehr soll eine gewerbliche Tätigkeit des Insolvenzverwalters nicht begründet sein, solange die Partner leitend und eigenverantwortlich tätig sind.

Konsequenz
 Die Urteilsgründe stehen noch aus. Die Rechtsprechungsänderung hat Auswirkung auf alle offenen Besteuerungsverfahren. Gegen noch ergehende Gewerbesteuermessbescheide ist Einspruch einzulegen und auf die neue Rechtsprechung des BFH hinzuweisen.

4. Weniger Urlaub für jüngere Arbeitnehmer ist diskriminierend

Kernfrage
 Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verbietet unter anderem die Diskriminierung aus Altersgründen, wenn kein sachlicher Grund für eine Ungleichbehandlung vorliegt. Erste arbeitsrechtliche Kernregelung, die dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz zum Opfer gefallen ist, war die Regelung, dass bei der Bestimmung der gesetzlichen Kündigungsfrist Betriebszugehörigkeitszeiten vor dem 25. Lebensjahr nicht mitgerechnet wurden. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat nunmehr zu der Frage entschieden, ob altersabhängige Urlaubsansprüche zulässig sein können.

Sachverhalt
 Die 24-jährige Klägerin ist Einzelhandelskauffrau bei einer Einzelhandelskette. Ihr standen laut Tarifvertrag aus Altersgründen nur 34 Urlaubstage anstelle von 36 Urlaubstagen, die vergleichbaren, lediglich älteren Arbeitnehmern gewährt wurden, zu. Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage hatte sie vor dem Arbeits- und Landesarbeitsgericht Erfolg.

Entscheidung
 Das Gericht sprach der Klägerin den nach Tarifvertrag höchsten Urlaubsanspruch zu, weil eine Altersdiskriminierung vorliege. Ein sachlicher Grund, Arbeitnehmer allein altersbedingt im Hinblick auf den Urlaub ungleich zu behandeln, sei weder vorgetragen noch ersichtlich. Auch das vom beklagten Arbeitgeber vorgetragene Argument, die Urlaubsregelung diene auch dazu, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu fördern, könne kein legitimes Ziel der Regelung rechtfertigen.

Konsequenz
 Die Entscheidung ist konsequent, allerdings hat das Gericht die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen. Das Urteil bedeutet, dass im Zweifel der höhere Urlaubsanspruch auch für jüngere Arbeitnehmer mit gleicher Tätigkeit gilt. Dies gilt insbesondere für Urlaubsansprüche, die durch Tarifverträge geregelt sind.

5. ebay-Verkäufern droht die Umsatzsteuer

Kernaussage
 Privatpersonen, die über ebay Gegenstände veräußern, kommen in der Regel nicht auf die Idee, die erzielten Einnahmen der Umsatzsteuer zu unterwerfen. Dies dürfte für gelegentliche Verkäufe zutreffen, mit zunehmender Zahl von Verkäufen steigt jedoch auch das Risiko, steuerlich erfasst zu werden.

Sachverhalt
 Ein Ehepaar veräußerte zwischen 2001 und 2005 ca. 1200 Gegenstände, die sie diversen Produktgruppen zugeordnet hatten (z. B. Märklin, Steiff, Sigikid etc.). Die Einnahmen aus diesen Veräußerungen stiegen stetig an und erreichten in 2005 ca. 35.000 EUR. Das Ehepaar erfasste die Einnahmen weder in der Einkommensteuererklärung noch umsatzsteuerlich. Durch Anzeige eines Dritten wurde die Steuerfahndung auf das Ehepaar aufmerksam. Aufgrund der Fahndungsergebnisse unterwarf das Finanzamt sämtliche Einnahmen der Umsatzsteuer. Hiergegen wendete sich das Ehepaar mit dem Argument, lediglich private Sammlungen veräußert zu haben. Diese seien nicht in der Absicht der Wiederveräußerung angeschafft worden, so dass kein gewerbsmäßiges Handeln vorliege.

Entscheidung
 Das FG Baden-Württemberg kommt zu dem Ergebnis, dass das Ehepaar nachhaltig mit der Absicht tätig war, Einnahmen zu erzielen. Die Einnahmen unterliegen somit der Umsatzsteuer. Das FG begründet dies mit der hohen Anzahl der Verkäufe (ca. 7 Transaktionen wöchentlich) sowie der Höhe der Einnahmen, die oberhalb der Grenze für Kleinunternehmer (17.500 EUR) lagen. Dass der Einkauf der Gegenstände nicht in der Absicht erfolgte, diese zu veräußern, war nach Ansicht des Gerichtes zumindest im vorliegenden Fall unerheblich.

Konsequenzen
 Wer umfangreich über ebay oder ähnliche Internet-Plattformen handelt, sollte sich der steuerlichen Konsequenzen bewusst sein. Die Finanzbehörden versuchen schon seit längerem, Internethändlern auf die Spur zu kommen. Auch neigt die gewerbliche Konkurrenz dazu, auffälliges Verhalten anzuzeigen. Solange die Kleinunternehmergrenze nicht überschritten wird, bleibt dies zumindest für die Umsatzsteuer ohne Folgen. Zu beachten ist, dass der Verkauf einer privaten Sammlung im Regelfall nicht der Umsatzsteuer unterliegt, sofern diese den Abschluss der Sammlertätigkeit bildet. Das FG sah dies jedoch im vorliegenden Fall nicht als gegeben an, da das Ehepaar zahlreiche "Sammlungen" mit erheblichem Aufwand veräußerte.

6. Rückwirkende Besteuerung von Erstattungszinsen ist verfassungsgemäß

Kernproblem
 Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte Mitte 2010 unter Änderung seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden, dass die vom Finanzamt an den Steuerpflichtigen gezahlten Zinsen auf private Steuererstattungen nicht der Besteuerung als Einkünfte aus Kapitalvermögen unterliegen. Die Entscheidung diente einem sachlichen Gleichlauf, denn gezahlte Zinsen auf private Steuernachzahlungen sind seit 1999 nicht mehr steuerlich abziehbar. Durch die Entscheidung des BFH sah sich der Gesetzgeber veranlasst, das Einkommensteuergesetz zu ändern. Im Jahressteuergesetz 2010 hat er jetzt ausdrücklich definiert, dass die Erstattungszinsen steuerpflichtig sind. Das soll in allen offenen Fällen gelten. Aber ist das rechtens?

Entscheidung des Finanzgerichts Münster
 Die rückwirkend angeordnete Besteuerung von Zinsen ist nach Ansicht des Finanzgerichts (FG) Münster verfassungsgemäß. Die sich hieraus ergebende Rückwirkung der Neuregelung verstoße nicht gegen die Verfassung, denn der Gesetzgeber habe mit der Neuregelung lediglich eine Gesetzeslage geschaffen, die der vor der Änderung der Rechtsprechung des BFH gefestigten Rechtsprechung und Rechtspraxis entspreche. Auch den von den Klägern hilfsweise begehrten Sonderausgabenabzug der im Streitjahr entrichteten Nachzahlungszinsen lehnten die Richter mit Hinweis auf die seit 1999 bestehende Gesetzeslage ab. Die Ungleichbehandlung sei auch nicht zu beanstanden, denn den Gesetzgeber treffe keine Verpflichtung, parallele Regelungen zu schaffen.

Revision beim BFH anhängig
 Nachdem das FG die Revision zugelassen hatte, ist diese auch beim BFH anhängig geworden. Das Verfahren sollte mit Hinweis auf das Aktenzeichen des BFH genutzt werden, um gleichgelagerte Fälle offen zu halten und ein Ruhen des jeweiligen Verfahrens zu erreichen.

7. Portfolioverwaltung - EuGH entscheidet über Steuerbefreiung

Kernaussage
 Die Verwaltung des Wertpapiervermögens für einzelne Anleger durch Banken oder private Vermögensverwalter (individuelle Portfolioverwaltung) unterliegt nach Auffassung der deutschen Finanzverwaltung der Umsatzsteuer. Dagegen ist die Beteiligung an Wertpapierfonds steuerbefreit.

Sachverhalt
 Die Klägerin, eine Bank, erbrachte 2008 sowohl selbst, als auch über Tochtergesellschaften, Leistungen an Privatkunden (Anleger). Die Anleger beauftragten die Klägerin, Wertpapiere unter Berücksichtigung der vorher ausgewählten Strategievariante nach eigenem Ermessen und ohne vorherige Einholung einer Weisung des Anlegers zu verwalten sowie alle Maßnahmen zu treffen, die bei der Verwaltung des Wertpapiervermögens zweckmäßig erschienen. Die Klägerin war berechtigt, über die Vermögenswerte (Wertpapiere) im Namen und für Rechnung des Anlegers zu verfügen. Als Vergütung hatte der Anleger pro Jahr eine sog. Teilpauschalvergütung. Die Anleger hatten das Recht, den Auftrag jederzeit mit sofortiger Wirkung zu beenden. Bei Abgabe ihrer Umsatzsteuer-Voranmeldung für Mai 2008 wies die Klägerin das beklagten Finanzamt darauf hin, dass sie davon ausgehe, dass ihre Leistungen bei der Vermögensverwaltung mit Wertpapieren steuerfrei bzw. nicht steuerbar seien (§ 4 Nr. 8 UStG, § 3a Abs. 4 Nr. 6 a) UStG). Der Beklagte folgte dem nicht, das Finanzgericht Hessen korrigierte diese Ansicht; schließlich legte der Bundesfinanzhof die Sache dem EuGH vor.

Entscheidung
 Der BFH zweifelt, ob es unter Wettbewerbsgesichtspunkten zulässig ist, die individuelle Portfolioverwaltung zu besteuern, während die Beteiligung an Wertpapierfonds steuerbefreit ist. Die Entscheidung der Frage durch den EuGH steht noch aus.

Konsequenz
 Die Entscheidung des EuGH hat zunächst Bedeutung für Banken und private Vermögensverwalter. Diese sollten im Regelfall gegen Veranlagungen vorgehen, die eine Steuerpflicht der fraglichen Umsätze vorsehen. Unter Berufung auf das beim EuGH anhängig Verfahren kann das Ruhen des Verfahrens beantragt werden. Bejaht der EuGH die Steuerbefreiung, so können ggf. auch die Anleger von dieser Entscheidung profitieren. Je nach Ausgestaltung der zivilrechtlichen Preisvereinbarung kann sich für diese ein Rückforderungsanspruch für die ihnen gegenüber abgerechnete Umsatzsteuer ergeben.

8. Schadensersatz: Verjährungsbeginn bei fehlerhaftem Einspruch des Steuerberaters

Kernaussage
 Legt ein Steuerberater gegen einen Sammelbescheid mit mehreren selbstständig anfechtbaren Regelungsgegenständen einen Einspruch ein, der eindeutig auf einen Teil des angefochtenen Sammelbescheids beschränkt ist, so beginnt die Verjährung eines Regressanspruchs gegen den Steuerberater mit Ablauf der Einspruchsfrist.

Sachverhalt
 Die Kläger nutzten, zunächst als Leasingnehmer, während der Jahre 1997 bis 2001 ein Flugzeug zur Personenbeförderung. Im Januar 2000 wurde der Leasingvertrag gekündigt. Die Kläger erwirtschafteten während des gesamten Zeitraums nur Verluste. Infolge einer Betriebsprüfung vertrat das beklagte Finanzamt die Auffassung, eine Gewinnerzielungsabsicht sei nicht festzustellen. Mit Sammelbescheid vom 22.7.2004 wurden daher für 1997 die Verluste herabgesetzt, die Verluste der Jahre 1997 bis 1999 von solchen aus gewerblicher Tätigkeit in solche aus Vermietung und Verpachtung umqualifiziert und die Einkünfte für 2000 und 2001 auf Null festgesetzt. In dem dagegen durch den beklagten Steuerberater eingelegten Einspruch vom 11.8.2004 zählte dieser im Betreff nur die Feststellungsbescheide 1997, 1998, und 1999 auf. Die Einspruchsbegründung vom 19.9.2004 bezog sich auf den gesamten Feststellungszeitraum bis 2001. Hinsichtlich der Jahre 2000 und 2001 wurde der Einspruch wegen verspäteter Einlegung verworfen. Die Kläger nahmen den Beklagten deshalb auf Schadensersatz in Anspruch, dieser erhob die Einrede der Verjährung.

Entscheidung
 Der Bundesgerichtshof (BGH) wies die Revision der Kläger als unbegründet wegen Verjährung der Schadensersatzforderung zurück. Anzuwenden war die Vorschrift des § 68 StBerG a. F., da der Anspruch noch vor dem 15.12.2004 entstanden war. Besteht die Pflichtwidrigkeit des Steuerberaters darin, dass der gebotene Einspruch gegen einen Feststellungsbescheid unterblieben ist, so entsteht der Schaden nämlich bereits mit Ablauf der Einspruchsfrist. Nach Ansicht der Richter sprach die Abfassung des Einspruchs für eine klare Beschränkung des Anfechtungsumfangs. Dementsprechend bestand bei Ablauf der Einspruchsfrist wegen der mangelhaften Abfassung des Einspruchsschreibens nicht nur ein bloßes Schadensrisiko, sondern ein eingetretener Schaden. Damit wurde die Verjährung in Gang gesetzt.

Konsequenz
 Insbesondere in Sammelbescheiden ist auf eine sprachliche Genauigkeit zu achten, um eine ungewollte Beschränkung der Anfechtung zu vermeiden. Hinsichtlich der Verjährungsvorschriften sind Schadensersatzansprüche gegen Steuerberater nunmehr auch der Regelverjährung (3 Jahre, §§ 195, 199 BGB) unterstellt.

9. Ausbildungsfreibetrag ist verfassungsgemäß

Kernaussage
 Bis einschließlich 2001 erhielten Eltern, deren volljähriges Kind sich in der Berufsausbildung befand und im Haushalt der Eltern wohnte, einen Ausbildungsfreibetrag von umgerechnet 1.236 EUR. Soweit das Kind auswärtig untergebracht war, erhöhte sich dieser Freibetrag auf 2.148 EUR. Zu Beginn des Jahres 2002 wurde der Ausbildungsfreibetrag auf 924 EUR abgeschmolzen und nur noch dann gewährt, wenn das volljährige Kind auswärtig untergebracht war.

Sachverhalt
 Die Eltern einer auswärts studierenden Tochter klagten gegen ihren Einkommensteuerbescheid 2003 und meldeten verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Absenkung des Ausbildungsfreibetrags von 2.148 EUR auf nunmehr 924 EUR. Ihrer Ansicht nach war die Höhe des Freibetrags nicht realitätsgerecht. Die Kosten für die auswärtige Unterbringung, insbesondere für Unterkunft, Verpflegung und Heimfahrten seien um ein Vielfaches höher als der gewährte Freibetrag. Auch die nach dem Berufsausbildungsförderungsgesetz (BAföG) bei auswärtiger Unterbringung gewährten Leistungen lägen deutlich über dem steuerlichen Ausbildungsfreibetrag. Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage schließlich ab.

Entscheidung
 Nach Auffassung der Richter darf der Ausbildungsfreibetrag nicht isoliert betrachtet werden, sondern muss zusammen mit den anderen gewährten steuerlichen Entlastungen für Kinder gesehen werden. Bei gleichzeitiger Berücksichtigung des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf ergebe sich eine Entlastung, die als ausreichend anzusehen sei. Die Gesamtentlastung liege sogar noch über den BAföG-Leistungen im Streitjahr.

Konsequenz
 Über die derzeitigen Freibeträge hatte der BFH nicht zu entscheiden. Seit der BAföG-Erhöhung zum Wintersemester 2010/11 liegt die BAföG-Höchstförderung bei 8.040 EUR im Jahr, und damit etwas über den derzeitigen Freibeträgen von insgesamt 7.932 EUR. Allerdings zitiert der BFH eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 1994, wonach Ausbildungskosten - anders als Aufwendungen zur Sicherung des Existenzminimums - nicht in voller Höhe steuerlich absetzbar sein müssen.

10. Schenkungsteuer bei Verzicht auf Wohnungsrecht

Rechtslage
 Als Schenkung sowohl nach altem (bis 31.12.2008) als auch nach neuem (ab 1.1.2009) Erbschaftsteuerrecht gilt jede freigiebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert ist. Dieser Definition unterfallen auch regelmäßig Verzichtserklärungen, die eine Person gegenüber einer anderen ausspricht. Das Finanzgericht Niedersachsen hatte nunmehr darüber zu entscheiden, ob auch der Verzicht auf ein dinglich abgesichertes Wohnrecht steuerlich als Schenkung zu betrachten ist.

Sachverhalt
 Ein Erblasser hatte seiner Lebensgefährtin an einer Wohnung ein dinglich abgesichertes Wohnrecht vermacht. Die Lebensgefährtin übte dieses Wohnrecht, das alleine ihr höchstpersönlich eingeräumt war, allerdings nur kurze Zeit aus, verzog aus der Wohnung und verzichtete auf das Wohnrecht. Gegen die Veranlagung der vom Wohnrecht befreiten Erben zur Schenkungsteuer wandten diese ein, dass die Wohnung für die Lebensgefährtin eine Belastung gewesen sei; insoweit fehle es am Merkmal "auf Kosten des Zuwendenden" für die Schenkung. Sie unterlagen vor dem Finanzgericht Niedersachsen.

Entscheidung
 Die Voraussetzungen für die Annahme einer Schenkung seien, so das Gericht, erfüllt, wenn objektiv eine Bereicherung und subjektiv das Bewusstsein vorhanden ist, unentgeltlich zu handeln. Beide Kriterien seien erfüllt. Insbesondere sei es nicht erforderlich, dass ein Wille zur Bereicherung bestehe. Ausreichend sei es, wenn der Verfügende in dem Bewusstsein handele, zur Verfügung nicht verpflichtet zu sein.

Konsequenz
 Die Entscheidung überrascht nicht und ist im Ergebnis auch zutreffend, nachdem die Erben im konkreten Fall mindestens um den Wegfall des Wohnrechts bereichert worden sind. Allerdings haben die unterlegenen Erben Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesfinanzhof eingelegt, so dass die Entscheidung noch nicht rechtskräftig ist.

11. Rückzahlung von Weiterbildungskosten

Rechtslage
 Übernimmt der Arbeitgeber die Kosten für Weiterbildungsmaßnahmen eines Arbeitnehmers, vereinbaren die Parteien regelmäßig die Rückzahlung solcher Weiterbildungskosten für den Fall, dass das Arbeitsverhältnis während oder in einem bestimmten Zeitrahmen nach Beendigung der Weiterbildungsmaßnahme endet. Für die Zulässigkeit solcher Rückzahlungsvereinbarungen haben die Arbeitsgerichte Rahmenbedingungen abgesteckt, die die Zulässigkeit an die Dauer und die Kosten der Fortbildungsmaßnahme und den Zeitraum der Bindung koppeln. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat über diese Zulässigkeitsparameter in einer jüngeren Entscheidung geurteilt.

Sachverhalt
 Der klagende Arbeitgeber hatte für einen Mitarbeiter die Kosten eines Aufbaustudiums übernommen und sich verpflichtet, den Mitarbeiter unter Fortzahlung seiner Vergütung für die insgesamt 3 Studienblöcke freizustellen. Gleichzeitig vereinbarten die Parteien die Rückzahlung der Weiterbildungskosten für den Fall, dass der Mitarbeiter auf eigenen Wunsch vor Ablauf der Fortbildungsmaßnahme das Arbeitsverhältnis beenden würde. Der Mitarbeiter absolvierte 2 Studienblöcke, kündigte sein Anstellungsverhältnis und brach die Fortbildung ab. Der auf Rückzahlung der Fortbildungskosten klagende Arbeitgeber obsiegte in allen Instanzen.

Entscheidung
 Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs ist es zulässig, dass die berufliche Bindung durch die Dauer und die Ausgestaltung der Fortbildungsmaßnahme selber bedingt werde, wenn ein entsprechender beruflicher Vorteil in Aussicht steht. Diese Zulässigkeit besteht unabhängig davon, dass Rückzahlungsvereinbarungen nur dann wirksam sind, wenn die berufliche Bindung und der Vorteil aus der Weiterbildung in einem angemessenen Verhältnis stehen.

Konsequenz
 Der Entscheidung ist zuzustimmen. Sie ergänzt die bisherige Rechtsprechung und stellt klar, dass die Wirksamkeit von Rückzahlungsklauseln nicht deshalb gefährdet ist, weil die Dauer einer Fortbildungsmaßnahme bereits zu einer beruflichen Bindung an den Arbeitgeber führt.

12. Abschaffung der Arbeitslosenhilfe ist verfassungsgemäß

Kernfrage
 Mit Wirkung zum 1.1.2005 wurde die ehemalige Arbeitslosenhilfe abgeschafft. Die Arbeitslosenhilfe wurde seinerzeit als Sozialleistung im Anschluss an das Arbeitslosengeld gezahlt und basierte auf dem ehemaligen Einkommen. Sie wurde ersetzt durch das Arbeitslosengeld II, das bedarfsorientiert gewährt wird. Das Bundesverfassungsgericht hatte jetzt über die Verfassungsmäßigkeit der Abschaffung der Arbeitslosenhilfe zu entscheiden.

Sachverhalt
 Der Kläger hatte bis zum 31.12.2004 Arbeitslosenhilfe erhalten und verlangte ab dem 1.1.2005 die Zahlung von Arbeitslosengeld II. Sein Antrag wurde mit der Begründung abgelehnt, das anzurechnende Einkommen (die Ehefrau war berufstätig) übersteige den Familienbedarf im Rahmen des Arbeitslosengeldes II. Der Kläger klagte darauf hin auf die Weiterzahlung der Arbeitslosenhilfe mit der Begründung, ihre Abschaffung verletze ihn in seiner verfassungsrechtlich geschützten Eigentumsfreiheit. Er verlor zuletzt vor dem Bundesverfassungsgericht.

Entscheidung
 Nach Ansicht der Richter sind die Ansprüche des Klägers auf Sozialleistungen nicht durch die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes geschützt. Verfassungsrechtlicher Schutz komme nur dort in Frage, wo Existenzsicherung betroffen sei. Insbesondere habe die Arbeitslosenhilfe nicht im Zusammenhang mit den Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung gestanden. Diese finanzierten das Arbeitslosengeld; die Arbeitslosenhilfe sei aber steuerfinanziert gewesen. Außerdem sei die Arbeitslosenhilfe stets abschnittsweise gewährt worden, so dass die Abschaffung auch nicht unzulässigerweise in eine vertrauensgeschützte Rechtsposition eingreife.

Konsequenz
 Die Entscheidung stellt die verfassungsrechtliche Rechtfertigung der Einführung des Arbeitslosengelds II dar. Darüber hinaus wird man aus ihr aber wohl auch schließen können, dass Sozialleistungen nur im Ausnahmefall verfassungsrechtlich geschützt sind und für die Zukunft in der Regel kein Vertrauen auf ihre Gewährung besteht.

13. Erweiterter Informationsaustausch zwischen Deutschland und Österreich

Einleitung
 Das zwischen Deutschland und Österreich vereinbarte Doppelbesteuerungsabkommen (DBA), dessen vorrangiges Ziel in der Vermeidung der Doppelbesteuerung von grenzüberschreitenden Aktivitäten liegt, ist aufgrund des am 29.12.2010 in Berlin unterzeichneten Revisionsprotokolls geändert worden. Gegenstand der Änderung ist Artikel 26 des DBA, der Bestimmungen über den Austausch steuerlicher Informationen zwischen den beiden Ländern beinhaltet. Hintergrund der Änderung ist die Umsetzung des aktuellen OECD-Standards für Transparenz und effektiven Informationsaustausch, wiedergegeben in Artikel 26 des aktuellen OECD-Musterabkommens für Doppelbesteuerungsabkommen.

Änderung der Informationsaustauschklausel (Artikel 26)
 Nach dem geänderten Artikel 26 des DBA-Österreich sind nunmehr Informationen zu übermitteln, die für die Besteuerung im ersuchenden Staat voraussichtlich erheblich sind. Dies bedeutet für die Praxis, dass Österreich nach dem Inkrafttreten des Revisionsprotokolls auf deutsches Ersuchen hin steuererhebliche Bankinformationen übermitteln muss, ohne dass - wie bislang von der österreichischen Rechtsprechung gefordert - die Voraussetzung der förmlichen Einleitung eines Strafverfahrens in Deutschland erfüllt sein muss. Die konkreten Anforderungen an ein Auskunftsersuchen sind in einer Protokollklausel präzisiert, die Bestandteil des geänderten DBA wird. Die Protokollklausel verweist dabei ergänzend auf die Kommentare der OECD zum OECD-Muster für DBA und zum OECD-Muster für Steuerinformationsaustauschabkommen.

Inkrafttreten
 Das Revisionsprotokoll bedarf der Ratifikation in beiden Ländern, die voraussichtlich zeitnah erfolgen wird. Nach seinem Inkrafttreten wird der erweiterte Informationsaustausch zu Bankinformationen für Steuerjahre bzw. Veranlagungszeiträume anzuwenden sein, die am oder nach dem 1.1.2011 beginnen.

14. Zahlung festgesetzter ausländischer Schenkungsteuer als rückwirkendes Ereignis

Kernfrage
 Bei Erbschaften oder Schenkungen "über die Grenze" kann es möglich sein, dass in mehreren Ländern Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer anfällt. Besteht mit dem anderen Land ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA), ist üblicherweise eine Freistellungs- oder Anrechnungsmethode vereinbart, d. h. das übertragene Vermögen wird in Deutschland komplett von einer Besteuerung freigestellt oder aber die im Ausland gezahlte Steuer wird angerechnet. Das deutsche Erbschaftsteuergesetz (gilt auch für Schenkungen) sieht für die Anrechnung der ausländischen Steuer eine gesetzliche Bestimmung vor. Ärgerlich nur, wenn die ausländische Steuer zum Zeitpunkt des in Deutschland erlassenen Steuerbescheids noch nicht absehbar ist und der Bescheid bestandskräftig wird. Ist dies später noch korrigierbar oder kommt es zu einer echten Doppelbesteuerung?

Sachverhalt
 Die in der Schweiz lebende Mutter hatte ihrem Sohn Geld geschenkt, dass dieser ordnungsgemäß in Deutschland deklariert und hierauf die Schenkungsteuer gezahlt hatte. Erst viele Jahre später wurde auch der Kanton Tessin tätig und setzte Schenkungsteuer fest, die der Sohn entrichtete und anschließend zur Anrechnung in Deutschland bringen wollte. Das beklagte Finanzamt sah jedoch keine verfahrensrechtliche Rechtsgrundlage für eine Änderung des bestandskräftig gewordenen Bescheids, obwohl es materiell keine Zweifel an einer Anrechnung gab. Der klagende Beschenkte war in allen Instanzen erfolgreich.

Entscheidung
 Der Bundesfinanzhof (BFH) hat die Zahlung der ausländischen Schenkungsteuer als rückwirkendes Ereignis angesehen, das die Anrechnung zulässt. Beim Erwerb von Todes wegen sei die Erbschaftsteuer so festzusetzen, wie sie im Zeitpunkt des Todes des Erblassers entstanden ist. Der Todeszeitpunkt bestimme auch die Wertermittlung. Da eine ausländische Steuer denklogisch erst nach dem Tod des Erblassers festgesetzt und gezahlt werden könne, müsse die Festsetzung und Zahlung der ausländischen Steuer auf den Zeitpunkt der Entstehung der Erbschaftsteuer im Moment des Todes des Erblassers zurückwirken. Für die Schenkungsteuer könne nichts anderes gelten.

Konsequenz
 Die Anrechnung hat demnach nach § 175 AO für ein rückwirkendes Ereignis zu erfolgen. Die Zahlung der ausländischen Schenkungsteuer stellt das Ereignis dar, für welches wiederum eine neue Verjährungsfrist von regelmäßig 4 Jahren gilt. Im Übrigen wird auch im Ertragsteuerrecht nach ganz herrschender Meinung in der Zahlung ausländischer Steuer ein rückwirkendes Ereignis gesehen.

15. Anrechnung von Kapitalertragsteuer auf Fondserträge

Einführung
 Thesaurierende Investmentfonds schütten ihre Erträge nicht an die Anteilseigner aus, sondern verwenden diese zum Erwerb weiterer Vermögenswerte. Dennoch gelten die Erträge als beim Anteilseigner zugeflossen und sind der Einkommensbesteuerung zu unterwerfen. Die auf die Erträge entfallende Kapitalertragsteuer wird bei ausländischen Fonds erst im Zeitpunkt der Veräußerung der Fondsanteile einbehalten und abgeführt.

Sachverhalt
 Der Kläger erhielt von seiner Mutter im Jahr 1998 Anteile an einem thesaurierenden ausländischen Fonds geschenkt, die er in 2004 veräußerte. Die depotverwahrende Bank ermittelte den Gesamtbetrag der thesaurierten Erträge bis zum Verkaufstag und führte die daraus resultierende Zinsabschlagsteuer sowie den Solidaritätszuschlag an das Finanzamt ab. Der Kläger gab in seiner Steuererklärung 2004 keine Einnahmen im Zusammenhang mit den Fondsanteilen an, beantragte jedoch die Anrechnung der einbehaltenen und abgeführten Zinsabschlagsteuer sowie des Solidaritätszuschlags. Das beklagte Finanzamt hingegen erfasste die thesaurierten Erträge, soweit sie auf noch nicht festsetzungsverjährte Jahre entfielen, anteilig als Einnahmen und ließ auch die Zinsabschlagsteuer und den Solidaritätszuschlag nur anteilig zur Anrechnung zu. Es ging stillschweigend davon aus, dass die thesaurierten Erträge in der Vergangenheit weder bei der Mutter noch beim Kläger versteuert wurden. Der Kläger hatte schließlich vor dem BFH Erfolg.

Entscheidung des BFH
 Die Anrechnung von Kapitalertragsteuer kann nur insoweit erfolgen, als die entsprechenden Kapitalerträge auch als Einnahmen versteuert wurden. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen durch die rechtliche Verknüpfung zwischen Einkünftebesteuerung und Kapitalertragsteuerabzug Steuerausfälle und Steuerverkürzungen vermieden werden. Dies setzt keine Personenidentität zwischen demjenigen, der die Kapitalerträge erzielt und demjenigen, der den Kapitalertragsteuerabzug begehrt, voraus. Es kommt lediglich darauf an, dass im Ergebnis die Erfassung der Kapitalerträge gewährleistet ist. Allerdings bemängelte der BFH, dass sich das FG lediglich auf die Annahme des Finanzamtes gestützt habe, die Einnahmen seien bei der Mutter des Klägers nicht besteuert worden und könnten auch wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist nicht mehr besteuert werden, ohne dies eingehend geprüft zu haben. Der BFH verwies den Fall daher zurück an das FG. Sollte das FG zu dem Ergebnis gelangen, dass die Mutter die Erträge tatsächlich nicht versteuert hat, ist der vom Finanzamt ergangene Steuerbescheid rechtmäßig.

Konsequenz
 Seit dem 1.1.2009 unterliegen Kapitalerträge, die über eine inländische Bank erzielt werden, regelmäßig dem Abgeltungsteuersatz von 25 % (zzgl. Solidaritätszuschlag). Da die Bank den Steuerabzug vornimmt, müssen die Erträge vom Steuerpflichtigen nicht mehr in die Steuererklärung aufgenommen werden. Hiervon ausgenommen sind aber ausschüttungsgleiche Erträge aus ausländischen thesaurierenden Fonds. Diese sind in den bescheinigten Kapitalerträgen der Banken nicht enthalten und müssen vom Steuerpflichtigen weiterhin in der Anlage KAP aufgeführt werden.

16. Missbrauch von Bonuspunkten rechtfertigt keine Kündigung

Rechtslage
 Fehlverhalten von Arbeitnehmern, das unmittelbar zu Vermögensschäden beim Arbeitgeber führt, berechtigt den Arbeitgeber, das Arbeitsverhältnis zu kündigen. Streitig ist regelmäßig, ob eine fristlose Kündigung möglich ist oder ob vorher eine Abmahnung ausgesprochen werden musste. Das Landesarbeitsgericht Hessen hat in diesem Zusammenhang zum Missbrauch von Bonuspunkte entschieden.

Sachverhalt
 Der klagende Tankstellenmitarbeiter hatte Umsätze von Kunden, die keine Bonuskarte bei dem Tankstellenunternehmen hatten, in mehreren Fällen (insgesamt 230 EUR) der Bonuskarte eines Kollegen gutgeschrieben, wobei die Bonuspunkte auf Dritte übertragbar waren. Der beklagte Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis fristlos und unterlag im anschließenden Kündigungsschutzprozess.

Entscheidung
 Arbeits- und Landesarbeitsgericht urteilten, dass zwar eine schwerwiegende Pflichtverletzung vorgelegen habe, denn das Bonusprogramm war für jeden Mitarbeiter erkennbar darauf ausgerichtet, Kunden zu binden und nur hierfür die Umsätze gutzuschreiben. Allerdings wäre eine vorherige Abmahnung erforderlich gewesen; ferner konnte der Arbeitgeber nicht nachweisen, dass er den Angestellten die Eigennutzung untersagt hatte. Denn die Abmahnung wäre vor dem Hintergrund, dass die Bonuspunkt übertrag waren, geeignet gewesen, das Fehlverhalten zu vermeiden. In Ermangelung eines ausdrücklichen Verbotes konnte beim Mitarbeiter der Eindruck entstehen, eine Übertragung in kleinem Umfang sei zulässig.

Konsequenz
 In der Sache erscheint die Entscheidung zutreffend. Nur das ausdrückliche Verbot führt zu ausreichender Klarheit und damit zur unmittelbaren Kündigungsmöglichkeit. Allerdings überrascht die Begründung, weil sie auch so verstanden werden könnte, dass kleineres Fehlverhalten noch nicht einmal abmahnfähig wäre.

17. Zusammenveranlagung von Ehegatten in der Insolvenz

Kernproblem
 Leben Eheleute nicht dauernd getrennt, können sie zwischen Zusammenveranlagung und getrennter Veranlagung wählen. Von Ausnahmen abgesehen, führt eine Zusammenveranlagung wegen steuerlichen Progressionsvorteilen zum günstigeren Ergebnis. Eine getrennte Veranlagung erfolgt dann, wenn dies einer der Ehegatten beantragt. Es mag Fälle geben, bei denen sich die Ehegatten über die Veranlagungsart nicht einig sind und es zu einem Rechtsstreit kommt, in dem die Zustimmung des anderen erzwungen werden soll. In der Praxis häufiger anzutreffen ist dies z. B. im Scheidungsverfahren und der Veranlagung für zurückliegende "intakte" Jahre. Dass auch ein Insolvenzverwalter in einen solchen Zwist verwickelt werden kann, zeigt der folgende, vom BGH entschiedene Fall.

Sachverhalt
 Über das Vermögen des Ehemannes war das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Im Veranlagungsjahr führte das Finanzamt auf Antrag des Insolvenzverwalters die getrennte Veranlagung durch. Dadurch musste die in intakter Ehe mit dem Insolvenzschuldner lebende Ehefrau eine Steuernachzahlung leisten. Der Ehemann verfügte über einen erheblichen Verlustvortrag, der durch den Antrag von der Anrechnung ausgeschlossen wurde. Weil aus der Verwaltung der Insolvenzmasse keine steuerpflichtigen Einnahmen erzielt wurden, verlangte die Ehefrau vom Insolvenzverwalter die Zustimmung zur Zusammenveranlagung. Das Landgericht stimmte dem auch formal zu, sprach aber die Steuervorteile dem Insolvenzverwalter zu. Das Berufungsgericht dagegen wollte den Vorteil bei der Ehefrau belassen und diese nur verpflichten, den Ehemann von künftig eintretenden steuerlichen Nachteilen freizustellen.

Entscheidung des BGH
 Zunächst einmal stellte der BGH fest, dass sich der Anspruch auf die Zustimmung tatsächlich gegen den Insolvenzverwalter richte, denn nur dieser könne das Wahlrecht nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausüben. Er dürfe die Zustimmung aber nicht davon abhängig machen, dass ihm auch der Steuervorteil ausgekehrt werde, denn aus dem Wesen der Ehe folge eine Verpflichtung beider Ehegatten, die finanziellen Lasten des anderen Teils nach Möglichkeit zu vermindern, soweit dies ohne Verletzung eigener Interessen möglich sei. Dass die Verlustvorträge des Ehemanns gemindert werden, ändere hieran nichts, wenn der begehrende Ehegatte den anderen von etwaigen Nachteilen freistelle.

Konsequenz
 Der BGH käme zum selben Ergebnis, wenn sich eine Steuerbelastung ergeben hätte, diese aber im Innenverhältnis vom anderen Ehegatten getragen würde, etwa durch Antrag auf Aufteilung der Steuerschulden oder tatsächliche Gestaltung im Rahmen der ehelichen Lebensgemeinschaft.

18. Teilzeitbeschäftigte müssen nicht zwingend nachmittags arbeiten

Kernfrage
 Arbeitnehmer haben einen Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung, der in Abhängigkeit von der Größe des Unternehmens unter mehr oder weniger strengen Voraussetzungen gewährt werden muss. Eine Ablehnung muss jedenfalls auf dringende betriebliche Erfordernisse gestützt sein. Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein hatte über das Teilzeitbeschäftigungsverlangen eines Arbeitnehmers zu entscheiden, der aus privaten Gründen zudem nicht mehr in dem im Betrieb üblichen Schichtdienst eingesetzt werden wollte, sondern eine ausschließliche Beschäftigung in der Frühschicht verlangte.

Sachverhalt
 Der klagende Arbeitnehmer verlangte mit sofortiger Wirkung aus privaten Gründen in Teilzeit, und zwar nur in der Frühschicht an 3 Tagen in der Woche, eingesetzt zu werden. Dieses Verlangen wies der beklagte Arbeitgeber mit der Begründung zurück, alle Arbeitnehmer müssten in dem im Betrieb geltenden Zweischichtdienst eingesetzt werden können. Der Arbeitgeber unterlag schließlich vor dem Landesarbeitsgericht.

Entscheidung
 Das Gericht urteilte, dass der Arbeitnehmer zwar keinen Anspruch habe, sofort in Teilzeit eingesetzt zu werden, weil eine dreimonatige Anzeigefrist gelte. Dies mache aber nicht das Verlangen insgesamt unwirksam, sondern verschiebe lediglich den Beginn der Teilzeit um die einzuhaltende Antragsfrist. In der Sache selbst hatte der Arbeitgeber keinen Erfolg, weil er nicht darlegen konnte, dass ein ausschließlicher Einsatz in einer Schicht weder durch eine zumutbare Änderung der Betriebsabläufe, noch durch den Einsatz einer in der anderen Schicht tätigen Ersatzkraft ermöglicht werden konnte.

Konsequenz
 Die Entscheidung zeigt, welche Anstrengungen der Arbeitgeber unternehmen muss, um Teilzeitarbeit zu ermöglichen. Die bisherige Betriebspraxis stellt jedenfalls keinen Grund dar, der das Teilzeitverlangen verhindern kann.

19. Zum Wegfall eines Vergütungsanspruchs bei "Kartenlegen"

Kernproblem
 Der Bundesgerichtshof hat sich jüngst mit der Frage beschäftigt, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Anspruch auf Vergütung einer Leistung besteht, die unter Einsatz übernatürlicher, magischer Kräfte und Fähigkeiten erbracht werden soll.

Sachverhalt
 Die Klägerin ist Selbstständige und bietet Lebensberatung (life coaching) an, wobei sie ihre Ratschläge anhand der durch Kartenlegen gewonnenen Erkenntnisse erteilt. Der Beklagte traf erstmals im September 2007 auf die Klägerin, als er sich in einer durch Beziehungsprobleme ausgelösten Lebenskrise befand. Die Klägerin legte ihm am Telefon mehrfach zu verschiedenen beruflichen und privaten Lebensfragen die Karten und gab Ratschläge. Hierfür zahlte der Beklagte in 2008 über 35.000 EUR. Für weitere, Anfang 2009 erbrachte Leistungen verlangt die Klägerin rd. 6.700 EUR und blieb in beiden Vorinstanzen ohne Erfolg.

Entscheidung
 Der Bundesgerichtshof (BGH) bestätigte die Ansicht der Vorinstanzen, dass die von der Klägerin versprochene Leistung objektiv unmöglich ist; sie konnte nach den Naturgesetzen bzw. dem Stand der Erkenntnis von Wissenschaft und Technik nicht erbracht werden. Daraus folgt allerdings nicht zwingend ein Wegfall des Vergütungsanspruchs der Klägerin. Denn im Rahmen der Vertragsfreiheit können Parteien wirksam vereinbaren, dass eine Seite sich gegen Entgelt dazu verpflichtet, Leistungen zu erbringen, deren Grundlagen nicht erweislich sind, sondern nur einer inneren Überzeugung, einem Glauben oder einer irrationalen Haltung entsprechen. Im vorliegenden Fall lag es nicht fern, anzunehmen, dass die Klägerin die vereinbarte Vergütung ungeachtet des Umstandes beanspruchen konnte, dass die Tauglichkeit der erbrachten Leistung rational nicht nachweisbar war. Erkauft sich nämlich jemand derartige Leistungen in dem Bewusstsein, dass die Geeignetheit zur Erreichung des angestrebten Zwecks nicht erklärbar ist, würde es den Motiven der Parteien widersprechen, einen Vergütungsanspruch zu verneinen.

Konsequenz
 Der BGH verwies die Sache dennoch an das OLG zurück, um klären zu lassen, ob die Vereinbarung der Parteien wegen Sittenwidrigkeit nichtig war (§ 138 BGB). Derartige Verträge schließen vielfach Personen, die sich in einer schwierigen Lebensphase befinden oder generell leichtgläubig, unerfahren oder psychisch labil sind. In solchen Fällen dürfen nach Ansicht des BFGH keine allzu hohen Anforderungen an einen Verstoß gegen die guten Sitten gestellt werden.

20. Bezeichnung des Arbeitgebers als Nazi rechtfertigt fristlose Kündigung

Rechtslage
 Beleidigt ein Arbeitnehmer einen Vorgesetzten oder das Unternehmen, stellt sich regelmäßig die Frage, ob die Beleidigung so schwerwiegend ist, dass sie eine fristlose Kündigung rechtfertigt. Dabei gilt es auch zu beachten, in welcher Branche sich die Beleidigung ereignet. Das Landesarbeitsgericht Hessen hat in diesem Zusammenhang in einer jüngeren Entscheidung geurteilt, dass der Vergleich des Arbeitgebers mit dem Nationalsozialismus immer eine fristlose Kündigung rechtfertigt.

Sachverhalt
 Der klagende Arbeitnehmer war seit mehr als dreißig Jahren beim Beklagten Arbeitgeber beschäftigt und bereits mehrfach wegen fragwürdiger Vergleiche aufgefallen. So hatte er das hessische Landesarbeitsgericht schon als "korrupt" und "schlimmer als die Kommunisten" bezeichnet. Zuletzt hatte der Kläger in einer Gerichtsverhandlung im Hinblick auf den beklagten Arbeitsgeber geäußert: "Wie der Arbeitgeber mit Menschen umgeht, da komme ich mir vor wie im Dritten Reich". Auf diese Aussage stützte der Beklagte sodann die fristlose Kündigung des Klägers und obsiegte.

Entscheidung
 Mit seiner Äußerung habe der Arbeitnehmer eine so grobe Beleidigung ausgesprochen, so das Gericht, dass die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für den Beklagten unzumutbar sei. Das Recht auf freie Meinungsäußerung könne hier nicht ins Feld geführt werden. Bei einem Vergleich mit dem nationalsozialistischen Regime komme hinzu, dass damit auch die Verharmlosung eines Terrorregimes und die Verhöhnung dessen Opfer einhergehe.

Konsequenz
 Die Entscheidung wird dahingehend zu verstehen sein, dass ein Vergleich des Arbeitgebers mit dem Nationalsozialismus immer eine fristlose Kündigung rechtfertigt. Etwas Abweichendes kann gegebenenfalls dann gelten, wenn der Arbeitnehmer sich unmittelbar ernsthaft entschuldigt.

21. Heimkosten auch ohne Pflegestufe oder Merkzeichen "H" abziehbar?

Kernproblem
 Zu den üblichen, nicht als außergewöhnliche Belastung abzugsfähigen Aufwendungen der Lebensführung rechnen regelmäßig auch die Kosten für die altersbedingte Unterbringung in einem Altenheim. Ist der Aufenthalt in einem Alten- oder Pflegeheim dagegen durch Krankheit veranlasst, stellen die Aufwendungen für die Heimunterbringung abzugsfähige Krankheitskosten dar. Als Nachweis dient regelmäßig die Eingruppierung in eine Pflegestufe. Im Urteilsfall war eine 74-jährige nach einer stationären Behandlung in einer psychiatrischen Klinik auf ärztliche Empfehlung in ein Seniorenheim gezogen. Die frühere Wohnung in einem Zweifamilienhaus wurde beibehalten. Das Finanzamt wollte die geltend gemachten Heimkosten nicht als außergewöhnliche Belastung anerkennen, weil weder die Eingruppierung in eine Pflegestufe, noch das Merkmal "H" (= hilflos) im Behindertenausweis vorlag.

Bisherige Rechtsprechung
 Die Auffassung des Finanzamts wurde zuletzt noch im Jahr 2008 vom BFH getragen. Hier hatte der III. Senat entschieden, dass ein ausschließlich krankheitsbedingter Aufenthalt dann nicht gegeben sei, wenn keine zusätzlichen Pflegekosten entstanden seien und kein Merkzeichen "H" oder "Bl" (= blind) im Schwerbehindertenausweis festgestellt sei.

Änderung der Rechtsprechung
 Der VI. Senat des BFH hält jetzt an der früheren Rechtsprechung nicht mehr fest. Der steuerliche Abzug sei auch dann möglich, wenn keine ständige Pflegebedürftigkeit bestehe und auch keine zusätzlichen Pflegekosten abgerechnet worden seien. Das gelte zumindest dann, wenn aufgrund ärztlicher Bescheinigungen festgestellt werden könne, dass der Heimaufenthalt infolge einer Erkrankung notwendig gewesen sei. Somit berechtigen die angefallenen Miet- und Verpflegungskosten zum steuerlichen Abzug.

Konsequenz
 Die Kosten sind als außergewöhnliche Belastung berücksichtigungsfähig, soweit sie die zumutbare Eigenbelastung und die sog. Haushaltsersparnis übersteigen. Im Streitfall wurde die Haushaltsersparnis entsprechend dem Höchstbetrag für die Unterstützung bedürftiger Personen geschätzt (zurzeit 8.004 EUR) und dabei die Kosten für Verpflegung, deren steuerliche Berücksichtigung nicht ausdrücklich beantragt wurde, gegengerechnet.

22. Kein Besteuerungsrecht für Sondervergütungen an ausländische Gesellschafter

Kernproblem
 Vergütungen, die ein Gesellschafter von seiner gewerblichen Personengesellschaft erhält, gehören nach nationalem Recht regelmäßig zu den Einkünften aus Gewerbetrieb (sog. Sondervergütungen). Da solche im internationalen Kontext weitgehend unbekannt sind, bereitet die steuerliche Behandlung von grenzüberschreitend gezahlten Sondervergütungen häufig Probleme. Streitig war in der Vergangenheit insbesondere, ob das Besteuerungsrecht für Sondervergütungen an einen im Ausland ansässigen Gesellschafter abkommensrechtlich dem In- oder Ausland zusteht. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) 2007 zugunsten des Ansässigkeitsstaats des Gesellschafters entschieden. Dieser unliebsamen Entscheidung hat der Gesetzgeber durch die Einführung des § 50d Abs. 10 EStG entgegenzuwirken versucht.

Sachverhalt
 Der Kläger hatte 2001 seinen Wohnsitz in den USA. Von 1967 bis 1984 war er unstreitig Mitunternehmer einer inländischen GmbH & Co. KG. Im 1984 geschlossenen Aufhebungsvertrag wurde vereinbart, dass der Kläger ab 1.1.2001 eine Pension erhalten sollte. In 1997 wurde die KG mehrfach veräußert und anschließend von einer GmbH übernommen. Nach Auffassung des beklagten Finanzamts waren die von der GmbH geleisteten Pensionszahlungen in 2001 als nachträgliche Sondervergütungen aus der GmbH & Co. KG zu behandeln, deren Besteuerungsrecht in Deutschland liege. Der Kläger obsiegte in allen Instanzen.

Entscheidung
 Der BFH ließ ausdrücklich offen, ob es sich bei den Pensionszahlungen überhaupt um nachträgliche Sondervergütungen handele, da die Zahlungen nunmehr von einer GmbH erfolgten. Selbst bei einer Qualifikation als Sondervergütung stellte der BFH jedoch klar, dass das Besteuerungsrecht für diese Sondervergütungen in den USA liege und verwies zur Begründung auf sein Urteil aus 2007. Des Weiteren führte der BFH aus, dass die Einführung des § 50d Abs. 10 EStG durch das JStG 2009 hieran nichts ändere. Ungeachtet der grundsätzlich verfassungsrechtlich bedenklichen Rückwirkung der Regelung sowie deren unklaren Tatbestandsmerkmale und Reichweite, sei die Vorschrift auf solche Sondervergütungen, die erst nachträglich gezahlt werden, nicht anwendbar. Dies ergebe sich eindeutig aus dem Wortlaut der Vorschrift.

Konsequenzen
 Zuletzt in 2010 hatte der BFH entschieden, dass die Einführung des § 50d Abs. 10 EStG nichts an der bisherigen Rechtslage ändere. Demnach liegt das Besteuerungsrecht für Vergütungen, die ein im Ausland ansässiger Gesellschafter einer deutschen Personengesellschaft z. B. für die Hingabe von Darlehen oder für seine Tätigkeit erhält, grundsätzlich weiterhin (nur) im Ausland. Eine baldige "Nachbesserung" des Gesetzeswortlauts durch den Gesetzgeber ist indes zu befürchten. Inwieweit dies dann ein verfassungsrechtlich bedenklicher Verstoß gegen die völkerrechtlichen Verpflichtungen aus den Doppelbesteuerungsabkommen ("treaty override") ist, wird wohl vom BFH bzw. vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) geklärt werden müssen.

23. Nachweispflicht für nicht der deutschen Steuer unterliegende Einkünfte

Kernproblem
 Unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind grundsätzlich nur natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben. Auf Antrag können auch natürliche Personen zur unbeschränkten Steuerpflicht optieren, die zwar nicht im Inland ansässig sind, aber inländische Einkünfte erzielen (sog. fiktive unbeschränkte Steuerpflicht). Voraussetzung ist, dass die inländischen Einkünfte mindestens 90 % des Welteinkommens betragen oder die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte den jeweils gültigen Grundfreibetrag (ab 2010: 8.004 EUR bzw. 16.008 EUR) nicht übersteigen. Über die nicht der deutschen Steuer unterliegenden Einkünfte ist zwingend eine Bescheinigung der zuständigen ausländischen Steuerbehörden vorzulegen. Vorteil der fiktiv unbeschränkten Steuerpflicht ist die mögliche Inanspruchnahme persönlicher und familienbezogener Entlastungen (Kinderfreibetrag, Sonderausgaben, etc.).

Sachverhalt
 Kläger sind Eheleute mit Wohnsitz in Frankreich. Der Ehemann erzielte Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit im Inland sowie Einkünfte aus Kapitalvermögen, während die Ehefrau auskunftsgemäß keine Einkünfte im Streitjahr 2002 erzielte. Die Ehegatten waren zunächst der Auffassung, dass eine Bescheinigung für die Ehefrau nicht vorzulegen war, da diese überhaupt keine Einkünfte erzielte. Die Finanzverwaltung sah dies anders und lehnte den Antrag auf fiktive unbeschränkte Steuerpflicht und damit die Möglichkeit auf Zusammenveranlagung ab. Der hiergegen gerichteten Klage der Ehegatten gab das Finanzgericht statt, da die nachträglich vorgelegte Bescheinigung der französischen Steuerbehörden ausreichende Informationen beinhalte. Der BFH hob das erstinstanzliche Urteil auf.

Entscheidung
 Nach Auffassung des BFH ist die Vorlage einer Bescheinigung der zuständigen ausländischen Behörde auch dann zwingende Voraussetzung für die fiktive unbeschränkte Steuerpflicht, wenn die Steuerpflichtigen gegenüber dem Finanzamt erklären, keine nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte erzielt zu haben. Die im Streitfall vorgelegte Bescheinigung des französischen Finanzministeriums hingegen sei inhaltlich nicht ausreichend, da diese lediglich allgemeine Ausführungen enthalten würde, nicht jedoch eine Aussage über die Höhe der tatsächlich erzielten Einkünfte.

Konsequenzen
 Für den Antrag auf fiktive unbeschränkte Steuerpflicht sollten Steuerpflichtige im eigenen Interesse im Zweifel stets eine entsprechende Bescheinigung ihrer zuständigen ausländischen Finanzbehörde besorgen, auch wenn diese eine "Nullbescheinigung" ist. Die Bescheinigung ist lediglich entbehrlich, wenn zwischen Steuerpflichtigem und Finanzbehörden Einigkeit besteht, dass keine nicht der deutschen Besteuerung unterliegenden Einkünfte erzielt werden. Sollte indes ein EU/EWR-Mitgliedsstaat die Ausstellung einer "Nullbescheinigung" verweigern, so hat der BFH im Urteil angedeutet, dass aus Billigkeitsgründen womöglich die Bescheinigung einer deutschen Auslandsvertretung ausreichend sein könnte.

24. Restschuldbefreiung trotz verletzter Auskunftspflicht

Einführung
 Im Insolvenzverfahren können Personen nach Ablauf von 6 Jahren von den nicht erfüllten Verbindlichkeiten gegenüber den Insolvenzgläubigern befreit werden. Das Insolvenzgericht entscheidet nach einer gesetzlichen Vorschrift (§ 300 InsO) nach Anhörung der Insolvenzgläubiger, des Treuhänders und des Schuldners durch Beschluss über die Erteilung der Restschuldbefreiung. Die Restschuldbefreiung ist auf Antrag eines Insolvenzgläubigers zu versagen, wenn der Schuldner während des Insolvenzverfahrens eine seine Obliegenheiten verletzt und dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt.

Sachverhalt
 Der Schuldner beantragte die Eröffnung des Regelinsolvenzverfahrens über sein Vermögen und Restschuldbefreiung. In seinen Anträgen fehlte eine ihm gehörende Eigentumswohnung auf Mallorca und eine Darlehensforderung seiner Mutter. Das Amtsgericht eröffnete das Insolvenzverfahren. Kurz darauf teilte der Schuldner dem Insolvenzverwalter mit, dass seine Mutter auf seinen Namen eine Wohnung auf Mallorca als Alterssitz gekauft habe. 3 Jahre später meldete die Mutter des Schuldners eine Darlehensforderung über 800.000 EUR gegen den Schuldner an. Daraufhin gab der Insolvenzverwalter die mit Grundpfandrechten belastete Eigentumswohnung frei. Auf Antrag zweier Gläubiger wurde dem Schuldner wegen eines Verstoßes gegen seine Obliegenheiten die Restschuldbefreiung versagt. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat den Beschluss des Landgerichts aufgehoben und zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen.

Entscheidung
 Der BGH führt in seiner Entscheidung aus, dass die Beurteilung des Landgerichts, der Schuldner habe grob fahrlässig eine gesetzliche Auskunftspflicht verletzt und deshalb den Versagungstatbestand des § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO erfüllt, indem er die Eigentumswohnung auf Mallorca in dem mit seinem Eröffnungsantrag vorgelegten Vermögensverzeichnis nicht angab, zunächst rechtlich nicht zu beanstanden ist. Eine Beeinträchtigung der Befriedigungsaussichten der Insolvenzgläubiger setze dieser Versagungstatbestand nicht voraus. Es genüge, dass die Verletzung der Auskunftspflicht nach ihrer Art geeignet sei, die Befriedigung der Insolvenzgläubiger zu gefährden. Dies sei hier zweifelsfrei der Fall. Das Landgericht habe jedoch die Prüfung versäumt, ob die Versagung der Restschuldbefreiung unverhältnismäßig sei. Hole der Schuldner im Regelinsolvenzverfahren von sich aus eine gebotene, aber zunächst von ihm unterlassene Auskunftspflicht nach, bevor sein Verhalten aufgedeckt und ein Versagungsantrag gestellt sei, beeinträchtige seine Obliegenheitsverletzung die Gläubigerinteressen nicht. Die Versagung der Restschuldbefreiung sei dann in der Regelung unverhältnismäßig.

Konsequenz
 Im Insolvenzverfahren muss der Schuldner unbedingt richtige und vollständige Angaben machen, um nicht seine Restschuldbefreiung zu gefährden.



Für Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen


Stephan Gißewski

Steuerberater


Ulmenweg 6-8 - 32760 Detmold
Tel.: 05231 / 933 460
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